Zu Besuch im Newsroom des General-Anzeiger Bonn

Heute war ich im Rahmen des “Hausbesuches” des Bonner Medien Clubs zu Besuch beim General-Anzeiger, dem hiesigen Lokalblatt. Die Möglichkeit sich einen “frisch”, im November 2011, errichteten Newsroom zu sehen und von den Erfahrungen der Umstellung eines klassischen auf ein modernes Arbeitsmodell, zumindest in der Zeitungsbranche, hat mich sehr gereizt.

Das System Newsroom

Soweit auch alles sehr interessant. Chefredakteur Andreas Tyrock nimmt sich Zeit für unsere Fragen und stellt uns das neue System erst in Theorie und dann in der Praxis vor. Alles sehr modern und für die Zukunft der Nachrichten-Welt gewappnet, wie es scheint. Im Newsroom gibt es dann auch vier große Fernseher auf denen bspw. n-tv läuft und lange Schreibtische (sog. Desks) an denen jetzt keine Ressorts sondern die Mitarbeiter nach Themen gruppiert sitzen. Zum Beispiel “Bonn-Desk”, “Regional-Desk”, etc.

Auch die Arbeitsteilung ist nicht mehr dieselbe wie früher. Es gibt “Reporter”, die sind für Termine, Recherchen und Ausseneinsätze zuständig. Das Material wird dann an die Desks zu den “Editoren” gespielt und dort wird dann die Zeitung gebaut. Insgesamt hört sich das alles sehr modern, effizient und – für mich – sehr sinnvoll an. Der GA hat aber trotzdem ein Problem. Trotz aller Modernität krankt es im Bereich Online, wie eigentlich bei allen Blättern/Printmedien.

“Haben sie eine Vermarktungsidee für unseren Online-Bereich?”

Hier hat sich Herr Tyrock Verstärkung ins Boot geholt. Jung (31) und dynamisch (“…war vorher beim BVB”) ist die präsentierte Verstärkung – den Namen habe ich mir leider nicht gemerkt – und berichtet uns zu den Problemen einer Zeitung im Onlinebereich. Eins vorne weg, alle Aussagen alter Kaffee. Schon x-Mal gehört und durchgekaut: ePaper, Paywall und natürlich die unsäglich App, die es bald unbedingt geben wird, aber nur fürs ipad, für das iphone ware das ja quatsch (so zumindest der Chefredakteur). Man benötigt nur noch die ultimative Idee, wie man den Onlinebereich aus finanzieller Sicht lukrativer nutzen kann. Meiner Meinung nach nicht mit dermaßen viel blinkender Werbung quer über die Seite verteilt!

Sehr schön auch der Kommentar bzgl der “… sog. Bloggern, also Hobby-Journalisten, die es schaffen mit 20.000 Emails Server von Firmen zu Fall zu bringen…” #superfail !! Ich fasse es nicht und kann es eigentlich nicht glauben, dass man hier so vernagelt ist, oder die Verstärkung wegen des anwesenden Chefs nichts anderes sagen kann.

“Ein paar Anregungen hätt’ ich schon…”

Hier zeigt sich für mich mal wieder das Problem der “alten” Medienwelt. Altbekanntes wird modernisiert, denn hier hat man immer noch die Übersicht was passiert. Aber online hängt man hinten dran. Gerade ein Blatt wie der GA muss sich doch seiner lokalen Stärke klar sein und dies nach vorne stellen und hier den Online-Bereich ausbauen. Immerhin hat man dort gemerkt, dass auf den Artikel zu Wulff (Staatsanwaltschaft erhebt Anklage) nur sieben Kommentare kamen und zu einem lokalen Artikel 35 Kommentare. Da darf der Schluss doch nicht (nur) sein, dass Thema ist interessant, da müssen wir dran bleiben. Hier bekommt mon doch ganz klar zu spüren, wo die Leserschaft die eigen Stärken sieht, hier muss sich etwas tun!

Interaktion!

Denn Feedback über Kommentare findet man beim GA online so gut wie gar nicht. Sehr erfolgreich versteckt man seinen Blog, der sicherlich stärker als Forum genutzt werden würde, wenn man es den Lesern ermöglichen würde. Warum kann ich eigentlich keine Artikel bewerten, warum bekomme ich keine Artikel-Empfehlungen am Ende des Textes zu inhaltlich ähnlichen Themen sondern Artikel aus der gleichen Rubrik angeboten? Warum gibt es keine Verschlagwortung der Artikel?

Interaktion!!

Interaktion ist das Gebot der Stunde. Warum kann ich als “Lokalpatriot” keine Bilder vom Karnevalszug hochladen? Es gibt eine Eilmeldung aus der Region und ich hab es zufällig fotografiert, warum kann ich das Bild nicht hochladen? Ein entsprechender Hinweis in der BU, wenn eine Grundqualität erfüllt ist, und ich freue mich auch über ein “Bürgerfoto” in einem Profitext.

Interaktion!!!

Bindet die Leser auch online an Euch vor allem durch Interaktion und Integration. Dann sollten sich dieser Teil auch wesentlich besser vermarkten lassen. Und noch ein Tip, weg von der Währung der PIs, ganz schnell. Sucht für die Werbung regionale Partner die ihre Zielgruppe nur bei Euch finden und inszeniert diese prominent. Weg von der “klein-klein-Werbung” das macht die Leser wahnsinnig.

Es gibt noch vieles mehr, was es zu artikulieren gäbe, aber dafür ist es mir jetzt auch mittlerweile zu spät. Alles in allem ernüchternd, aber ich bin ja auch ein Aussenstehender, der hat gut reden.

P.S.: Den, mittlerweile sehr informativen und unterhaltenden Twitter Account hat man auf der Seite des eh schon schlecht zu findenden Blog versteckt, Facebook natürlich auch.

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